Unterschied Selbstständiger und Freiberufler: Wer muss ein Gewerbe anmelden?
Kaum ein Begriff sorgt für so viele Irritationen wie der Unterschied zwischen der Arbeit als Selbstständiger oder Freiberufler. Nicht selten verwendet der Volksmund die Begriffe selbstständig und freiberuflich als Synonym. Zusätzliche Verwirrung entsteht dadurch, dass Freiberufler fälschlicherweise mit Freien Mitarbeitern gleichgesetzt werden. Wo liegt denn nun aber der Unterschied zwischen Selbstständigen und Freiberuflern? Vorweg: Beide Gruppen üben ihre Tätigkeit nicht als Angestellter, sondern auf eigene Faust aus. Unter Freiberufler fällt die Arbeit in den Freien Berufen, die steuerlich begünstigt ist und für die kein Gewerbe angemeldet werden muss. Wer sich nicht in den sogenannten Katalogberufen wiederfindet, gilt als Selbstständiger und benötigt dementsprechend einen Gewerbeschein. Die Redaktion von gewerbe-anmelden.com klärt auf, wie der Unterschied zwischen Selbstständiger und Freiberufler genau definiert ist und wie sich die Differenzen beim Fiskus und anderen Ämtern auswirken.
Freiberufler oder Selbstständiger?
Um als Freiberufler eingestuft werden zu können, ist „eine besonders hohe Qualifikation oder ein außerordentliches schöpferisches Talent notwendig„. Bei Dienstleistungen müssen ebenso hohe Anforderungen erfüllt werden. Die Tätigkeit muss eigenverantwortlich, persönlich und unabhängig ausgeführt werden. Auch wenn die Arbeit einem allgemeinen Interesse dient, bestehen gute Chancen, als Freiberufler anerkannt zu werden.
Die Leistungen, die von Freiberuflern erbracht werden, sind in vier Felder unterteilt: künstlerische, erzieherische, wissenschaftliche und schriftstellerische Tätigkeiten. Insgesamt fallen in Deutschland aktuell etwa eine Millionen Menschen aus vielen verschiedenen Berufsgruppen unter diesen Begriff. Im Folgenden sollen daher einige typische Beispiele für Freiberufler genannt werden. Die Liste ist wohlgemerkt aber nicht vollständig:
- Informierende oder kulturschaffende Berufe: Journalisten, Fotografen, Übersetzer, Dolmetscher, Künstler, Schriftsteller, Musiker
- Erzieherische Berufe: Lehrer, Erzieher, Pädagogen
- Heilberufe wie Ärzte, Tierärzte, Zahnärzte, aber auch Krankengymnasten, Diplompsychologen, Heilprakter und Hebammen
- Jobs aus dem rechtlichen und wirtschaftlichen Bereich: Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Notare, Patentanwälte, Unternehmensberater
- Technische und naturwissenschaftliche Berufe: Wissenschaftler, Architekten, Lotsen, (Vermessungs)Ingenieure, Handelschemiker
Neben den Freien Berufen ist auch für die sogenannte „Urproduktion“ kein Gewerbeschein notwendig. Das gilt für Menschen, die eigenständig in der Land- oder Forstwirtschaft, der Fischerei oder dem Bergbau tätig sind. Sie müssen ihre Tätigkeit ebenso wie Menschen aus den Freien Berufen nur durch den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung beim Finanzamt anmelden.
Häufig werden Freiberufler mit Freien Mitarbeitern verwechselt. Freie Mitarbeiter zeichnen sich ebenso dadurch aus, dass sie zwar in regelmäßigen Abständen Aufträge durch ein Unternehmen erhalten, aber keine feste Anstellung haben. Sie können jedoch auch in anderen Tätigkeitsfeldern als den Freien Berufen tätig sein. Dementsprechend kann ein freier Mitarbeiter entweder Freiberufler oder selbstständiger Gewerbetreibender sein.
Unterschied Selbstständiger zum Freiberufler
Selbstständige üben anders als in den Freien Berufen eine Arbeit aus, für die ein Gewerbeschein notwendig ist. Aber woran lässt sich erkennen, dass es sich um eine gewerbliche Tätigkeit handelt?
Hierunter wird eine selbstständige, auf lange Sicht angelegte Beschäftigung verstanden, mit der Gewinne erzielt werden sollen – und die nicht unter die genannten Katalogberufe fällt. Für den Job ist eine geringere Qualifikation notwendig. Demnach sind Handwerker, Industrietätige, Händler und Anbieter von einfachen Dienstleistungen eindeutig dem selbstständigen Gewerbe zuzuordnen.
Typische Beispiele von Selbstständigen sind unter anderem:
- Handwerkliche und handwerksnahe Berufe, die nicht als künstlerische Tätigkeit gewertet werden können
- Verkäufer von Produkten im Groß- und Einzelhandel
- Arbeiter in der industriellen Fertigung
- Selbstständige in der Gastronomie und Hotelbranche
- einfache Dienstleistungen wie Reparaturen, Reinigungen, Taxi fahren etc.
- Vermögens- und Geldberater
- Vermittler, Agenturen und Vertreter
Wer eine solche Tätigkeit haupt- oder nebenberuflich ausübt, muss sein Gewerbe in jedem Fall anmelden. Auch Nebenjobs, die zwar nur geringe Erträge erwirtschaften, aber konstant ausgeübt werden, müssen in jedem Fall beim zuständigen Gewerbe-, Ordnungs- oder Wirtschaftsamt gemeldet werden. Selbstverständlich muss die Tätigkeit auch dem Finanzamt unverzüglich angezeigt werden. Darüber hinaus sind häufig weitere Pflichten einzuhalten, wie etwa der Eintrag ins Handelsregister, insofern kein Kleingewerbe angemeldet werden soll. Ein Kleingewerbe ist für Einzelunternehmer möglich, die keiner kaufmännische Beschäftigung nachkommen. Gesellschaften wie GmbH müssen hingegen im Handelsregister vermerkt werden.
Vorteile von Freiberuflern gegenüber Selbstständigen
Wie bereits mehrfach erwähnt müssen Selbstständige ein Gewerbe anmelden, Freiberufler hingegen nicht. Dadurch entstehen in der Regel steuerliche Vorteile. In jedem Fall bedeutet ein Freier Beruf gegenüber einer gewerblichen Tätigkeit weniger Aufwand. Einige Vorteile von Freiberuflern gegenüber Selbstständigen sind:
- Freiberufler können von keiner Gewerbeaufsicht kontrolliert werden, das Gewerberecht ist nicht anwendbar. Freiberufler müssen zudem keine Gewerbesteuer abführen
- Es muss keine Mitgliedschaft in einer Kammer, wie der Industrie- und Handelskammer abgeschlossen werden.
- Auch das Handelsrecht trifft auf sie nicht zu. Das erspart Melde- und Veröffentlichungspflichten.
- Es muss nicht Buch geführt werden. Am Ende des Jahres genügt eine simple Überschussrechnung der Einnahmen.
Aber auch viele Selbstständige müssen keine Gewerbesteuer abführen. Der Freibetrag liegt aktuell bei 24.500 Euro. Wer also als (Klein)Unternehmer auf Sicht unter dieser Summe bleibt, hat zumindest bei der Steuer keinen Unterschied zwischen freiberuflicher und selbstständiger gewerblicher Arbeit zu befürchten.
Unterschied zwischen Selbstständiger und Freiberufler nicht immer klar
Ganz so einfach wie in den vorherigen Absätzen beschrieben ist der Unterschied zwischen Selbständigen und Freiberuflern in der Praxis jedoch nicht auszumachen. Die Unterschiede zwischen der Arbeit als Selbstständiger und Freiberufler sind in dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) § 1 Abs. 2 und im Einkommensteuergesetz §18 Abs. 1 Nr. 1 vermerkt. Zwar findet sich eine entsprechende Liste mit Katalogberufen, jedoch können auch ähnliche Tätigkeiten zu den Freien Berufen zählen. Viele neue Berufsformen, insbesondere aus dem Bereich der Ingenieur- sowie Informations- und Kommunikationstechnologie, sind daher nicht eindeutig. Wie das Finanzamt letztendlich die Einteilung vornimmt, kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Daher ist es äußerst wichtig, beim Fragebogen zur steuerlichen Erfassung so genau und gut wie möglich auf die Wortwahl zu achten.
Der schmale Grad soll anhand eines eigenständig arbeitenden Spezialisten aus der IT-Branche verdeutlicht werden. In seinem Fall ist eine Prüfung notwendig, ob er eine Tätigkeit ausübt, die als ingenierähnlich eingestuft werden kann. Dabei spielen die gewählten Begriffkeiten eine große Rolle. So deuten die Ausdrücke „EDV-Beratung“ oder „Anwendersoftware“ eher auf eine gewerbliche Tätigkeit hin. Wählt der IT-Spezialist eher die Begriffe „Systemanalyse“ oder „Systemsoftware“, lässt das hingegen eher auf eine freiberufliche Tätigkeit schließen. Da in solchen Fällen Kleinigkeiten einen großen Unterschied ausmachen, kann es sinnvoll sein, im Vorfeld eine professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen.
Eine umfangreiche Liste, welche Tätigkeiten als gewerblich und welche als eigenständig gewertet werden können, findet sich hier. Alle Beispiele sind durch die bisherige Rechtsprechung belegt.
Freiberufler mit gewerblicher Tätigkeit: Abfärbetheorie beachten
Es kann auch vorkommen, dass ein Freiberufler für seine Arbeit auch selbstständige gewerbliche Tätigkeiten ausübt. Eine Mischung aus freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit ist jedoch nicht erlaubt, hierbei kommt die sogenannte Abfärbetheorie zum Tragen. Das hat für den Freiberufler große Nachteile: Nicht nur der gewerbliche Anteil, sondern die ganzen freiberuflichen Einkünfte unterliegen in diesem Fall der Gewerbesteuer. Es sei denn, die Einnahmen als Freiberufler sind ohnehin untergeordnet oder die gewerblichen Einnnahmen sind von der Gewerbesteuer befreit, da sie etwa innerhalb des Freibetrags liegen.
Natürlich wird nicht jeder Freiberufler gleich ein Gewerbetreibender, weil er einmalig ein Produkt verkauft. Wenn mit dem Erlös kein Gewinn angestrebt wird oder lediglich eine Hilfsleistung ausgeführt wird, ist das im Hinblick auf eine „Abfärbung“ unbedenklich. Voraussetzung ist, dass die Leistungen oder Produkte notwendig sind, um den Freien Beruf auszuüben. Zulässig ist beispielsweise, wenn ein Arzt Stärkungsmittel vertreibt. Anders verhält es sich, wenn durch Vermittlung, gewerbliche Dienstleistungen oder Verkauf von Waren Gewinne angestrebt werden. In diesem Fall kann die gesamte freiberufliche Tätigkeiten den gewerblichen Pflichten unterliegen.